Dienstag, 16. Juli 2024, 20:15 Uhr ORF 2. Schlamberger-„Universum“ „Zurück zum Urwald – Nationalpark Kalkalpen“.
Seit Dienstag, dem 9. Juli 2024, stehen heimische Naturjuwele im Mittelpunkt des „Universum“-Sommerprogramms: Als nächste eindrucksvolle Naturdoku made in Austria ist am Dienstag, dem 16. Juli, um 20.15 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON Rita und Michael Schlambergers Film „Zurück zum Urwald – Nationalpark Kalkalpen“ zu sehen, der das größte Verwilderungsgebiet der Alpen porträtiert. Über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren hat das Naturfilm-Duo das Geheimnis des unberührten Urwalds in den Kalkalpen eingefangen. Der Film entstand als Koproduktion von ScienceVision und Nationalpark Kalkalpen in Zusammenarbeit mit dem ORF, den Österreichischen Bundesforsten, mit Unterstützung des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich, des Landes Oberösterreich und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.
In dem riesigen, unberührten Gebiet, in dem der Mensch die Natur Natur sein lässt, kommunizieren Bäume untereinander, streifen Luchse majestätisch anmutend am Waldboden und springen Gelbhalsmäuse zehnmal so weit wie sie lang sind. Dabei hatten die Kalkalpen vor nicht allzu langer Zeit ein gänzlich anderes Erscheinungsbild. Erst im Jahr 1997 wurden das Sengsengebirge und das Reichraminger Hintergebirge als Nationalpark Kalkalpen unter strengen Schutz gestellt. Gleichzeitig mit einer mutigen Entscheidung: Fortan sollte das Bewirtschaften des Waldes den natürlichen dynamischen Prozessen überlassen sein. Nicht wenige Fachleute warnten damals vor diesem Schritt und befürchteten eine Verwesung des Waldes. Heute ist klar, dass alle Zweifel unberechtigt waren. Das deutlichste Symbol dafür ist die Wiederkehr der Luchse. Nachdem ein Vorbote für die zukünftige Erfolgsgeschichte schon 1998 in den Nationalpark gekommen war, wurden Luchse aus der Schweiz im Jahr 2011 wiederangesiedelt. Nur ein Jahr später gab es den ersten Nachwuchs. Der einzige Feind, den die erste Luchspopulation in den Alpen seit ihrer Ausrottung vor 115 Jahren noch hat, ist der Mensch. Denn er sieht den Luchs nicht selten als Trophäe.
Das mächtigste Symbol der Kalkalpen ist aber letztlich der Baum. Seit mehr als 350 Millionen Jahren haben sich Bäume zu perfekt angepassten Lebewesen entwickelt, zu pflanzlichen Genies, die in einem hochkomplexen Verbund den Organismus Wald bilden. Bäume sind Teil der wohl größten Gemeinschaftsarbeit in der Geschichte des Lebens. Myriaden von Pilzen zersetzen und verarbeiten das Totholz. Verborgen im Untergrund führen sie ein finsteres Dasein. Und sie bahnen sich ihren Weg an die Oberfläche. Dort spannen sie energisch ihre Schirme auf. Das, was wir dann landläufig als Pilz bezeichnen, dient bloß der Vermehrung. Im Herbst, wenn die Pilze an die Oberfläche drängen, verraten sie indirekt, wo sie im Untergrund wachsen und sich ausbreiten. Die weitläufigen Myzelstränge der Pilze durchziehen ungeheuer große Flächen. Sie bilden ein riesiges unterirdisches Netzwerk, breiten sich in abgestorbenen Bäumen und dem Boden aus. Und wie in den USA bereits nachgewiesen, erreichen sie ein Gewicht von mehr als 600 Tonnen.
Bäume kommunizieren auch untereinander. So warnen Fichten benachbarte Fichten vor etwaigen Borkenkäferangriffen. In diesem Fall geben die befallenen Bäume Duftstoffe ab. Die alarmierten Fichten in der unmittelbaren Umgebung werfen wiederum ihre „interne Chemiefabrik“ an. In weiterer Folge entziehen sie dem Boden unterschiedliche Stoffe, die sie für einen zu erwartenden Angriff der Borkenkäfer wappnen. „Bäume kommunizieren mit speziellen Codes“, sagt Filmemacherin Rita Schlamberger. „Ihre Wörter sind Duftstoffe und Schwingungen.“ Der Urwald in den Kalkalpen ist aber nicht nur monströs und gewaltig – er ist auch klein und auf den ersten Blick unscheinbar. So fasziniert die Gelbhalsmaus mit ihrer atemberaubenden Sprung- und Klettertechnik. Diese Waldmaus klettert die Bäume ohne Probleme senkrecht nach oben – und springt zehnmal so weit wie sie lang ist. Nicht weniger Staunen rufen die Fähigkeiten der Schlupfwespe hervor. Punktgenau befördert sie ihr Ei unter die Rinde des Baumes. Dort wird das Ei direkt auf die Larve der Riesenholzwespe abgelegt, die kurz davor mit einem Gift paralysiert wurde. Nun kann sich das Ei der Schlupfwespe genüsslich an der unbeweglichen Larve der Riesenholzwespe nähren.
Das Leben unter der Rinde wird mit Hilfe von Computeranimationen dargestellt, auch Zeitraffer-, Zeitlupen- und Highspeed-Aufnahmen sorgen dafür, dass der Urwald im Nationalpark Kalkalpen mit all seinen Bestandteilen ins Bild gerückt werden kann. „Oft haben wir erst in der Analyse der Bilder alle Details sehen können, die dieser Wald zu bieten hat“, betont Filmemacher Michael Schlamberger. „So konnten wir festhalten, wie geschickt und zielgerichtet zum Beispiel der Weißrückenspecht an die tief im Stamm lebenden Larven gelangt.“